Im Berufsleben.

In meinem langjährigen beruflichen Coach- und Outplacement*-Engagement habe ich immer wieder mit sehr enttäuschten und verbitterten Menschen zu tun. Da höre ich im vertrauensvollen Gespräch  Aussagen wie „…das werde ich meinem Chef nie vergessen!“ oder „…das ist das Schlimmste, was man mir nach so langer Zeit als Angestellter hat antun können.“ Verletzungen dieser Art sind tief und können ein Leben lang nachwirken, sofern nichts unternommen wird und man in dieser verbitterten Art verharrt. Schliesslich hat nicht jede entlassene Person die Gelegenheit, einen Coach aufzusuchen, um sich mit diesem auszutauschen. In der Praxis habe ich davon betroffenen Personen oft mit einem einfachen Gedanken helfen können darüber anders zu denken.

Falle: Selbstmitleid.

„Ich trage nun die ganze Schande und Last auf mir und mein Marktwert im Berufsleben ist gleich Null! Überhaupt, ich bin ein Versager und das alles nur wegen diesen unnützen Vorgesetzen, die Misswirtschaft betreiben und dazu noch die grosse Kohle abholen!“ Solche Gedanken sind im Moment des Geschehens verständlich und gehören zur Bewältigung des Seelenschmerzes. In der Praxis konnte ich nach dem ersten Schmerz die Betroffenen entdecken lassen, wo das Positive in dieser Situation steckt, ja welcher Gewinn daraus abzuleiten ist! Einige entdeckten sogar, dass die letzten Jahre ihrer Beschäftigung in der Firma sowieso nicht mehr befriedigend waren und dieser Tag irgendwann mal kommen musste. Das Selbstmitleid und der Verlust des Gewohnten aber auch die Angst vor dem Neuen bekommen dann schnell einen anderen Stellenwert. Die Energie kommt zurück und die Freude, etwas Neues anzupacken, übernimmt die Regie zur Gestaltung der Zukunft.

Nachtragend zu sein bedeutet die Last des Anderen zu tragen.

„Das verzeihe ich denen nie!“ Diese Haltung gegenüber Menschen, die einem weh getan haben,  versuche ich oft in einem Bild nachzustellen. Im eigentlichen Sinne des Wortes heisst „nachtragend“, dass ich als Nachtragender dem anderen etwas nach- oder hinterher trage. So als wäre ich die Brautjungfer und hätte der Braut den ganzen Tag die lange Brautschleppe zu tragen.

Ja, wer arbeitet denn da? Wer ist da der Leidtragende? Wobei auch das Wort „Leid-tragender“ zurückführt zum (Selbst-mit-Leid)-tragenden. Ein Aha-Effekt ist oft die Reaktion auf diese Darstellung der Szenensituation. Aber was mache ich nun als mitleidenswerter und nachtragender sowie abgelehnter Mensch damit?

Der Arbeitgeber ist brutal rücksichtslos und ich bin das Opfer.

Was ist der persönliche Gewinn, wenn man in dieser Situation leidet und scheinbar gedemütigt wird? Wie hätten Sie an der Stelle der von Ihnen verurteilten Vorgesetzten gehandelt? Könnte es sein, dass Sie Ihr Chef vielleicht entlassen hat, weil Sie zu wenig gut ausgebildet sind oder es verpasst haben sich weiterzubilden und den Umgang mit den neuen Technologien verpasst haben? Wäre es möglich, dass ihr Vorgesetzter seine eigenen vom Businessplan vorgegebenen Ziele nicht erreichen kann, weil Sie zu träge oder zu wenig flexibel oder nicht mobil sind? Vielleicht sind Sie der Unternehmung durch Ihre lange Zugehörigkeit mit den jeweilig automatisch jährlich angepassten Teuerungszulagen einfach nur zu teuer und es können für denselben Lohn zwei junge, top ausgebildete Mitarbeiter eingestellt werden! Ich habe in meiner Praxis alle Gründe für Entlassungen angetroffen und meist sind es Kombinationen aus diesen oben erwähnten Fragestellungen. Ändern können Sie an der momentanen Situation nichts! Das stimmt nicht: “Was lernen Sie daraus?“ Dieser Gedanke ist das Minimum was Sie daraus ziehen können. Es gibt aber die gesteigerte und noch viel wirkungsvollere Version mit folgender Lösung.

Passwort: VERGEBUNG.

Vergeben und verzeihen Sie Ihrem Chef und Ihren Vorgesetzten, Ihrer Firma, Ihrem Team! Nehmen Sie die Perspektive oder die Sicht der Leute ein, die Sie verletzt haben. Haben sie es bewusst und absichtlich gemacht? Im Team waren Sie vielleicht immer der Bremser und derjenige, welcher jeden neuen Auftrag und jede Änderung hinterfragt hat. Sie waren vielleicht der pflichtbewusste Mitarbeiter, der sein Wissen für sich behalten wollte, vieles immer selbst erledigt hat, statt Dinge zu delegieren und ab und zu die 80/20-Regel anzuwenden.

Wie sollen Sie nun vergeben, wenn Sie sich in Ihrer Situation betrogen fühlen? Warum sollen Sie denen verzeihen, von denen Sie sich angefeindet fühlen? Wie sollen sie unter dem Eindruck nicht mehr verstanden und von keinem Menschen mehr geliebt zu werden einen Gedanken an Versöhnung mit den Menschen und der Situation verschwenden? Der Schmerz kein Lob und keine Anerkennung mehr zu erfahren, ist schrecklich. Waren doch früher Ihre Tugenden und das Qualitätsbewusstsein hoch geschätzt und nun soll das Alles keinen Wert mehr haben? Dafür soll ich auch noch Verständnis aufbringen?

Versuch der Befreiung.

Versuchen Sie es. Probieren Sie es aus! Dieser Versuch lohnt sich, auch wenn es sich sehr schwierig gestaltet und gar unmöglich anhört: Hinter der Vergebung liegt ein grosser Gewinn. Sagen Sie sich zuerst kopfgesteuert, dass Sie den Verursachern Ihrer Misere vergeben. Sagen Sie es x-Mal am Tag. Das Gefühl sagt Ihnen „Nein, das will ich eigentlich gar nicht“. Ihr Kopf sagt aber: „doch, ich will nicht nachtragend sein! Ich will niemandem etwas nachtragen (müssen)!“ Sie werden erleben, dass es funktioniert.

Überall gilt die selbe Regel: „Versöhnung und Vergebung“

In den unten aufgeführten Links erfahren Sie, dass auf dem politischen Parkett dieselbe Gesetzmässigkeit gilt. Verhandlungen zwischen den zerstrittenen Parteien oder den verfeindeten Ländern sollen tiefe Wunden heilen und Mord, Vergewaltigung und Deportationen vergessen machen oder die von Rapper Bushido besungene Liebe und Enttäuschung ein weiteres Zusammenleben ermöglichen?! Alle Bemühungen sind fehl am Platz wenn die Einsicht der Vergebung und der Versöhnung nicht den ganzen Raum einnimmt und dies nicht der echte Wille aller Beteiligten ist. Friede im Geschäftsleben sowie in den zwischenmenschlichen Beziehungen aber auch in Liebesbeziehungen und auf der Erde sind eine grosse Illusion, solange sich Menschen nicht vergeben und nicht vergessen können.

Wie gehe ich persönlich mit dem Thema Vergebung und Versöhnung um?

Ich bin auch selbst immer wieder mit dem Thema Vergebung und Versöhnung konfrontiert. Wie ich  damit umgehe, schreibe ich gerne später auf diesem Blog!

Weiterführende Links:

Outplacement

Outplacement, auch unter dem Begriff Newplacement oder Bestplacement bekannt, bedeutet, dass eine Unternehmung eine wohlverdiente Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter aus irgendwelchen Gründen nicht mehr weiter beschäftigen kann oder will. Um sich meist aus Imagegründen und der betroffenen Person einen Gefallen zu tun, investiert man eine gewisse (meist fünfstellige Summe) um die Person in der Neuausrichtung zu unterstützen und der Findung einer neuen Position Hilfe zu bieten.

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