Darf ein kultivierter Mensch einem Moralapostel trauen? Ist es verantwortungsvoll, als Mensch, der selbst in der Lage ist zu denken, zu analysieren und zu werten, sich einem selbsternannten Moralisten anzuvertrauen? Kann man diesem Moralapostel womöglich sogar noch glauben, dass er besser ist als Andere, höhere ethische Massstäbe an sich selbst setzt als er dies bei anderen Menschen in seinem Umfeld tut?

Nein – Lassen Sie sich nicht die Leviten lesen!

Meine Antwort ist ein klares Nein. Niemand ist besser als der Andere. In der Bibel, dem Buch also, wo u.a. über Moral und Regeln des Zusammenlebens aus christlicher Sicht geschrieben wird, heisst es: (Röm. 14.10) „Warum verurteilst du einen anderen? Warum siehst du auf einen anderen Bruder herab?“ Also wer soll einem anderen Menschen die Autorität dazu geben, sich über jemanden Anderen zu erheben und ihm die Leviten zu lesen? Niemand kann sich also das Recht aus einem triftigen Grund herausnehmen, dies zu tun- niemand ist dazu legitimiert!

Werteskalen sind flexibel, nach unten und nach oben.

Leute, die mich besser kennen, wissen denn auch, dass meine Rubrik „Moralapostel“ ironisch gemeint ist. Zwar verhalte ich mich auf dem Fundament der Bibel so, dass ich davon überzeugt bin, dass jeder Mensch für all seine guten Taten aber auch für die schlechten Dinge, die er in seinem Leben gemacht hat, einmal bei Gott, dem Schöpfer aller Menschen und Kreatur, Rechenschaft ablegen muss. Also versuche ich ein Leben zu führen, das der Beurteilung derweil einmal Stand halten kann. Alles, was in einem Strafgesetzbuch unserer westlichen Zivilisation steht, wie Mord, Vergewaltigung, Raub usw. ist für jeden von uns klar und verwerflich. Was aber zum Beispiel im Schweizerischen Obligationenrecht  mit „Treu und Glauben“ definiert ist, scheint schon nicht mehr klare Grenzen aufzuweisen, sondern spricht mehr ein Empfinden an, welches sich im Laufe der Jahre auch ändern und gesellschaftlichen Strömungen und Einstellungen anpassen kann. So ist Ehebruch oder Abtreibung kein Straftatbestand mehr, vor 50 Jahren war es aber zum Beispiel im Kanton Zürich noch nicht erlaubt im Konkubinat (voreheliches Zusammenleben im selben Haushalt) zu leben und für einen Schwangerschaftsabbruch musste die Frau nach London reisen, um sich das Kind abtreiben zu lassen. Umgekehrt wurde bis vor zehn Jahren praktisch überall geraucht, öffentliche Plätze, Tram, Zug und Flugzeug eingeschlossen, sowie für mich am schlimmsten in Restaurants. Erst seit 1. Mai 2010 ist es landesweit verboten, in Esslokalen, Bars usw. zu rauchen. Wetten, dass dafür in fünf Jahren der Cannabiskonsum völlig legalisiert ist?

Die Legitimation eines Moralapostels.

Ich bin mir bewusst, dass ich in meinen Blogs nie völlig neutral schreiben kann, wenn es um die Beurteilung von Dingen geht, die im Alltag passieren und in der Sichtweise der Geschehnisse, welche die Welt bewegen.  Diese sind immer von meiner ureigenen, persönlichen Abschätzung eingefärbt. Eine Beurteilung wird also immer durch meinen persönlichen Filter, meinen Werteraster und einer persönlichen Absicht beeinflusst sein. Übrigens, ob ich dies bewusst so will oder nicht, dies sei noch dahingestellt. Mein Unterbewusstsein ist immer bei mir und will ein Wörtchen mitreden können. Die grundsätzliche Abneigung gegenüber einer Sache also beeinflusst mich sicher negativer in einer Beurteilung, als wenn mir dieselbe Sache im Grundsatz zusagen würde. Meine Erziehung, meine Kinderstube, meine Schule und meine persönlichen Erfahrungen prägen meine Wertung und Beurteilung bzw. Verurteilung.

Mit diesem Wissen und der entsprechenden Vorsicht und Sorgfalt versuche ich, in diesem Blog Dinge aufzugreifen und Leute zum Denken anzuregen. Ich hoffe auf eine kritischere Haltung der Lesenden als einfach nur dem Mainstream zu folgen. Ich versuche etwas quer zu denken und nicht nur angepasst zu schreiben. Dies mag dann sogar als frech und gar absurd erscheinen. Als Moralapostel masse ich mir auch an, streitbare Themen wie Moral und Ethik, Wertehaltung oder Respekt aufzunehmen. Ich werde mich dabei vorwiegend auf dem Parkett der Geschäftswelt bewegen. Dazu hatte ich in den letzten 40 Jahren durch meine langjährige Tätigkeit als Berater auf Kaderebene immer wieder guten und tiefen Einblick. Als Rekrutierungs- und Selektionsspezialist, als Assessor und als Coach lernte ich Tausende von Leuten kennen, die mir oft über einen „normalen Lebenslauf“ hinaus ihr Herz ausschütteten.

Verwenden wir doch ein paar gute Gedanken statt die Zeit zu verschwenden!

Am Jahresende oder einem Jubiläum ziehen wir gerne Bilanz. Wir beurteilen Erreichtes aber auch Unerreichtes, auch um uns wiederum neue Vorsätze zu nehmen oder es uns wenigstens vorzunehmen. Dabei steht oft der persönliche Erfolg im Zentrum – warum verwenden wir keinen Gedanken an unsere Mitmenschen? Dazu schliesse ich meinen Artikel über den Moralapostel mit folgendem Zitat von Robert Louis Stevenson:

Beurteile den Tag nicht nach dem was du geerntet sondern danach, was du ausgesät hast.

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